Samstag, 6. Februar 2010

Ivendust, wie es anfing... (Das dreckige Mädchen ohne Hab und Gut)

Ich erinnere mich noch als ob es gestern war, ich sass mit meinem Vater im Kaminzimmer und stickte, meine Mutter und meine Schwester waren wie immer mit ihrer täglichen Schönheitspflege beschäftigt und liessen sich im Badegemach verwöhnen.

Mein Vater war ein gütiger und recht bescheidener Mensch, der mir immer wieder sagte, dass man mit Bescheidenheit und Güte weit kommt im Leben, jedes mal, wenn er die Sätze sagte und meine Mutter, sowie meine Schwester im Zimmer sassen rollte mein Vater die Augen mit einem Blick zu den beiden, ich musste mir immer ein leises Lachen verkneifen, mein Vater und ich, wir beide lachten viel, er nahm mich mit auf die Jagd und streifte mit mir durch die Wälder, so manches mal, dachte ich, dass mein Vater in mir einen Sohn sieht, den meine Mutter ihn nie schenkte, er erzog mich zwar wie ein Mädchen auf, aber meine Schwester nahm er NIE mit zur Jagd, oder wenn er durch den Wald zog...
Komisch, dass es mir erst jetzt auffällt, jedes mal, wenn wir auf der Jagd waren, erlegte mein Vater nie ein Tier, er schoss immer daneben, ob das mit Absicht war?!

Ach, wie oft denke ich an meinen Vater, warum nahm mir das Feuer alles, was ich vom Herzen her liebte?

*wischt sich ihre Tränen ab und schluckt schwer* bevor sie weiter schreibt.

Vielleicht hatte das ja alles einen Grund, aber nur was für einen Grund, dass das Böse einem das nimmt, was man am meisten liebt.

Nun, wie schon geschrieben, ich erinnere mich, als wenn es gestern war, mein Vater und ich sassen im Kaminzimmer, er schaute aus dem Fenster und ich sass am Kamin, streckte meine nackten Füsse Richtung Feuer und stickte, schade, dass das Fenster vom Kaminzimmer Richtung Wald fiel, so bemerkten wie das Feuer erst als es für uns fast zu spät war, mein Vater fing wie jedes mal, wenn er in die weite Ferne schaute an zu seufzen und ich wusste, was gleich danach kommt, jedes mal, wenn er seufzte, sagte er: ach Kindchen, ich schmunzelte schon immer, weil ich seine nächsten Worte auch wusste, er sagte kurz darauf noch mal: ach Kindchen, hielt etwas inne und sagte dann, Kindchen, Du wirst Deiner Großmutter immer ähnlicher, ach wie ich Deine Großmutter vermisse, sie war bescheiden, zuvorkommend und sehr rücksichtsvoll, genau das Gegenteil, Deiner Mutter, nur heute war alles etwas anders, mein Vater kam diesmal gar nicht dazu Geschichten aus seiner Kindheit zu erzählen, da eine Wache laut rief, dass wir das Haus so schnell wie möglich verlassen sollten, da das Feuer auf unser Untergeschoss schon zugegriffen hätte, mein Vater rief nur laut, ich solle über den Balkon in den Garten laufen, da mein Vater meine Mutter und meine Schwester versuchen wollte zu retten, ich überlegte nicht lange und hörte auf meinen Vater, ich drehte mich noch einmal um und sah meinen Vater durch die Tür eilen, das war das letzte, was ich von meinem Vater sah und hörte.

Ich rannte schnell in unseren Garten, so wie ich war, barfüßig und ohne Hab und Gut, schaute das Haus aus sicherer Entfernung an und rannte in das Dorf, rief laut um Hilfe, sah die vielen Männer und Frauen wirr hin und her laufen, einige der Männer waren am zugefrorenen See und versuchten große Löcher in den See zu stechen, was erfolglos war, der See hatte eine sehr, sehr dicke Eisschicht und so konnten wir nur zusehen, wie das Feuer auf die restlichen Häuser zu griff, viele Männer versuchten in die brennenden Häuser zu laufen, um noch einigen das Leben zu retten, auch in unser Haus rannten Männer, aber sie konnten nichts mehr retten, ich höre noch heute, die vielen Kinder schreien, nach ihren Eltern, sehe die Bilder noch vor mir, wie verzweifelte Frauen im Schnee hocken, die ihre kleinen Kinder leblos im Arm hielten und bitterlich weinten, es schmerze so sehr im Herzen, dass ich verzweifelt gegen meine Tränen ankämpfen musste und auch noch heute mit meinen Tränen kämpfen muss, wenn ich mich an die schlimmsten Stunden meines Lebens erinnere.

Ich brach zusammen, als ein Mann mir berichtete, dass man meine Familie leider nicht mehr retten konnte, ich fragte den Sir, wie das passieren konnte, er erzählte mir von zwei Lausbuben, die mit Feuer spielten und nun, nun war ich ganz alleine auf der Welt, das Böse nahm mir alles, was ich liebte, ich drehte mich um, schaute zum See in der Hoffnung ein Loch zu finden, da ich nun auch nicht mehr leben wollte, was soll ich noch auf dieser Welt, wenn mir alles genommen wurde?!

Ich stand auf, ging langsam Richtung See, setzte mich an das zugefrorene Ufer und weinte bitterlich, als plötzlich eine alte Frau neben mir stand, ihre Hand sanft auf meine Schulter legte und leise zu mir sprach: Kindchen, es hat keinen Sinn, wenn Du Dir nun auch das Leben nehmen willst, Du bist reinen Herzens und wirst schnell eine liebe Familie finden, die Dich aufnehmen wird und Du vieles lernen wirst, aber vergessen wirst Du nie, erinnere Dich an die Worte Deines Vaters, mit Gutmütigkeit und Bescheidenheit wirst Du in Deinem Leben weit kommen, ich drehte mich um und sah eine alte Lady war es überhaupt eine Lady? Sie schien mir sehr vertraut, sie holte unter ihrem Umhang ein kleines Säckchen hervor, nahm meine Hand, legte dieses Säckchen in meine Hand und sprach mit gutmütiger Stimme, Kindchen, bewahre diese auf, trage es mit Güte, es wird Dir den richtigen Weg weisen, ich schaute zur alten Frau auf und sah nur noch Umrisse, ich rieb mir meine Augen um sie deutlicher erkennen zu können öffnete meine Augen wieder und sah nur noch ganz leichte Umrisse der alten Frau und dann war sie verschwunden.

Ich spürte, wie eine Wärme in mir aufstieg und mich nach oben hob, ich weiss nicht was das war, aber ich kniete nun nicht mehr am See, ich stand auf, als ob eine magische Hand mir half, mich aufzustellen um nach vorne zu blicken.
Und ich hielt das kleine Säckchen in den Händen, wagte keinen Blick hinein, aber ich fühlte, das Säckchen gab Wärme ab, es bewegte sich leicht, es war wie ein kleines gleichmäßiges Pochen, ich steckte das Säckchen unter meinen Rock, schaute noch einmal zurück zum Dorf und ging langsamen Schrittes in Richtung Wald, heute, wenn ich daran zurückdenke, verwundert es mich, dass meine Füße die Kälte nicht spürten, ich war barfüßig, auch einen Umhang hatte ich nicht, es war aber Winter, ich ging weiter in den Wald hinein, ich ging so lange, bis meine Füße mich nicht mehr tragen wollten, plötzlich wie aus dem Nichts, stand ein Wolf vor mir, ich erschrak und blieb wie versteinert stehen, der Wolf aber zeigte mir, dass ich ihm folgen sollte, ich ging langsamen Schrittes hinter dem Wolf her, er blieb vor einer Höhle stehen und deutete mit dem Kopf, dass ich dort übernächtigten könne, drehte sich um und ging weiter, ich ging in die Höhle und fand dort einige Felle und ein kleines Feuer, ich fragte mich, wo die Bewohner der Höhle sind, machte mir aber weiter keine großen Gedanken, wärmte mich am Feuer und legte mich auf eins der Felle, schloss meine Augen und schlief ein.

Am nächsten Morgen, als ich aufwachte, war der Wolf wieder da, er deutete mir wie die Nach zuvor mit seinem Kopf an, in welche Richtung ich gehen sollte und dann verschwand er wieder, wie die Nacht zuvor.

Nun ging ich in die Richtung, der mir der Wolf wies, ich spürte, wie die Kälte meine Füße umschlungen, meine Füße fingen an zu schmerzen und weigerten sich weiter zu gehen, ich sank nieder und versuchte meine Füße zu wärmen, plötzlich hörte ich die Stimme der alten Frau, die ich am See unseres Dorfes sah, die Stimme rief mir zu, dass ich aufstehen solle, es sei nicht mehr weit und dass ich bald in ein kleines Dorf kommen würde, wo ich mich aufwärmen können.

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