Dienstag, 16. Februar 2010

Die Wilde

In der Nacht wurde ich wach, eine raue Zunge strich quer durch mein Gesicht, immer und immer wieder, gefolgt von einem leisen, zaghaften Mauzen, ich öffnete meine Augen und nahm im Mondschein die kleine Katze wahr, die aufgeregt runter zum See lief und wieder hoch zu mir lief, immer wieder war sie am Mauzen, ich hatte Angst, dass sie die anderen aufwecken würde, also beschloss ich der Katze zu folgen, nur sah ich nichts, mir war völlig unklar, warum die kleine so aufgeregt war, ich beschloss zu meiner Feuerstelle zu gehen, wo das Holz noch glühte, band getrocknetes Schilf um ein Stück Holz, flochtet, aus einigen getrockneten Schilf-blättern ein dünnes Band und befestigte damit das lose Schilf, hielt die kleine notdürftige Fackel in die glühende Glut und wartete, bis die kleine Fackel Feuer fing, folgte der kleinen Katze und schaute mich ängstlich um.

Das Mauzen war anders, ganz anders, wie ich es die Nacht zuvor am See hörte, mir wurde mulmig, mein Magen drehte sich förmlich, ich hielt meine Fackel Richtung Boden und da sah ich es, ja, es war ganz deutlich zu sehen, Fußspuren, aber keine gewöhnlichen Fußspuren, sie sahen aus, wie von einem Tier, fast Mensch, was auf zwei Beinen lief.

Ich ging weiter runter, da wo ich den Abend zuvor das Mauzen wahrnahm und ich sah noch mehr Spuren, diese waren etwas kleiner, wie die ich zuerst sah, mir wurde heiß und kalt zu gleich, ich schaute mich ängstlich um und überlegte, ob ich zu Sir Georg laufen sollte, um ihn die Spuren zu zeigen, aber ich wusste genau, dass Sir Georg es belächeln würde und mich versuchen würde mit einer plausible, vielleicht auch fadenscheinige Erklärung abzuliefern, warum und woher diese komischen Spuren kommen.
Ich legte ein paar Steine auf meine Feuerstelle und verkroch mich in eine der Ruinen, die kleine Katze, spürte glaube ich die Gefahr, die von diesen Spuren ausgehen würde und verschwand in der dunklen Nacht.

Ich kauerte in einer Ecke, versuchte jedem Geräusch zu lauschen, wir waren nicht alleine, nein, das wusste ich ab diesem Abend genau, man beobachtet uns bestimmt und wenn es nur wilde Tiere sind, die uns beobachten, aber genau das machte mir Angst, wer weiss, was passieren würde, wenn wir nachts schlafen, wenn uns eins dieser wilden Tiere anfallen würde, ich war froh, wo langsam die Sonne aufging, da ich da mehr sehen konnte, als die Sonne schon fast am Horizont stand verliess ich langsam die Ruine und ging zum großen See, ich machte mich etwas frisch, die Müdigkeit war noch zu spüren in meinen Knochen, auch der Hunger, der extreme Hunger, meine letzte Pilzsuppe von letzter Nacht war kaum zu geniessen, ich ging ganz vorsichtig, durch die Gegend, fand hier und da kleine Büsche mit schmackhaften Beeren, hielt zwischendurch wieder inne, um zu lauschen, ob ich irgendwelche Geräusche hören würde, die nicht normal erscheinen.

Es war ruhig, ganz ruhig, ich bewegte mich zu dem Schlafplatz von der Musikantin, der Schlafplatz war leer, selbst Hugo, der Esel war nicht da, ich begann mir Sorgen zu machen, ich lief durch die Gegend, um nach Nebula aus-schau zu halten, aber ich sah sie nirgends, am See weiter oben angekommen sah ich vom weitem Hugo, er stand mitten im Fluss, der arme, der muss sich wohl verirrt haben, dachte ich, ich eilte zu Hugo um ihn aus dem Fluss zu ziehen, führte ihn zu dem Platz, wo Pilze wachsen und er begann zu essen, ich musste lachen, da ich nicht wusste, dass ein Esel auch Pilze mag, ehe ich mich versah, war auch schon einer der roten Pilze, mit weissen Flecken in seinem Mund verschwunden, ich versucht in seinem Mund zu fummeln, um die Pilze da raus zu bekommen, aber es schien ihn nicht zu gefallen, als ich ihn zu einer Wasserstelle führen wollte, nahm Hugo wieder reiss aus und ich versuchte ihm zu folgen, ich wusste gar nicht, dass ein Esel so schnell sein kann, dass Esel Sturrköpfige sind, das wusste ich aber so schnell laufen, das war eine neue Erfahrung für mich.

Völlig ausser Atem erblickte ich Hugo, er stand wieder mitten im See und es sah aus, als ob er wirklich trinken würde, ich war erleichtert, dass er was trank, diese roten Pilze sind nicht gut, bestimmt auch nicht für einen Esel, sterben würde er zwar nicht, aber es wird ihm bestimmt nicht gut gehen.

Ich beschloss mich auf die Suche nach Nebula zu machen, sie würde gewiss ihren Esel suchen, also ging ich wieder Richtung Schlafplatz von Nebula und rief sie laut, aber ich bekam keine Antwort, ich ging weiter und rief immer wieder laut nach Nebula, aber wie gehabt, ich bekam keine Antwort, als ich immer näher zu den anderen kam, sah ich Sir Georg, er stand am Feuer, schürte es auf, bliess Wind ins Feuer, damit es auflodert und dann schaute er dem Kessel zu, der über der Feuerstelle hing, ich dachte mir nur, endlich was essbares, nur wie würde ich unbemerkt da hin kommen, Sir Georg, würde mir gewiss nichts zum Essen geben, es trudelten so langsam immer mehr ein, Flöte, Kaisa, ja auch Janina kamen an die Feuerstelle, als ich Kaisa sah, dachte ich mir nur, dass Kaisa mir bestimmt was vom Topf bringen könnte, sie war immer gut zu mir und würde mich bestimmt nicht verhungern lassen, als ich dem Gespräch zwischen den vieren lauschte, wurde mir immer bewusster, dass in dem Kessel wohl nur Wasser drin sein würde, Sir Georg sagte, dass der Esel von Nebula wohl die Fischsuppe umgeschüttet hatte, die sie den Abend zuvor zubereitet hatten, mein Magen zog sich zusammen und begann laut zu knurren, mir war klar, dass ich hier bestimmt nichts zum Essen bekommen würde, also beschloss ich mich auf die Suche zu machen, irgendwo werde ich bestimmt noch was essbares finden.

Ich schlich mich langsam davon und ging einige Hügel runter, kam an dem kleinen Haus vorbei, welches verlassen scheint, oder vielleicht der Besitzer auf Wanderschaft ist, ich hielt meinen Atem an, um sicher zu gehen, dass wirklich niemand in der Nähe vom Haus ist, plötzlich roch ich was, es roch so köstlich, dass mir förmlich das Wasser im Mund zusammen lief, mein Bauch knurrte mittlerweile auch so laut und zog sich immer wieder zusammen, dass mir fast schlecht wurde vor Hunger, meine Füße trugen mich förmlich zu dem leckeren Geruch, ich schlich ganz leise weiter, ich sah einige Bienenstöcke, einen Karren, trocken Fleisch hing da, auch Fisch, ja, hier muss es was zum Essen geben, dachte ich, die Gefahr, die hier lauerte, liess ich ausser Acht, ich ging den kleinen Hügel runter, schlich mich um den Wagen, der da stand und mir stockte der Atem, ein Totenkopf war auf einen Pfahl, mir wurde schlecht, ganz schlecht und ich war im Begriff die Flucht zu ergreifen, bis plötzlich eine Stimme, klar, laut und deutlich rief „Halt!“

Ich blieb wie angewurzelt stehen, traute mich kaum noch zu atmen und dachte nur, nun ist es um mich geschehen, die Fremde, welche komisch gekleidet war, kam näher, ihre Hand war an ihrem großen Dolch, sie sah aus, als ob sie mich gleich richten würde, meine Beine begannen an zu zittern, meine Finger wurden feucht und schlucken, zu schlucken, oder Atmen traute ich mich schon gar nicht mehr.

Die Wilde, kam näher und fragte mich forsch woher ich kommen würde und wer ich bin, ich weiss nicht, ob ich einen Ton rausbekam, aber meine Lippen bewegte ich, meine Hand zeigte auch Richtung Norden, aber es schien so, dass ich eine Stimme raus bekam, da die Wilde rief, ich sollte stehen bleiben, sonst würde....

Mein Herz klopfte bis an den Hals, ich dachte jeden Augenblick würde mein Herz raus springen, so dolle klopfte es, ich stammelte leise und ängstlich meinen Namen und erklärte der Wilden, dass ich was essbares roch und der Geruch mich hier her führte, die Wilde wusste wohl, dass im Norden Fremde waren, da sie immer wieder „so, so, aus dem Norden!“ sagte, sie sagte mir, dass da oben, wo her ich gekommen bin schon lange niemand mehr leben würde, dass dieses kleine Dorf schon lange verlassen sei, dann fragte sie mich, ob wir die waren, die auch in der Stadt am hausen waren und die Taverne geplündert hatten, mir wurde übel, so wusste ich doch, dass man uns da schon entdeckt hatte, ich versuchte ganz schnell zu erklären, dass ich für das Essen zahlte, dass ich zwei Silbertaler unter das Brot geschoben hatte, welches im Mehl lag, das schien die Wilde aber wenig zu interessieren, sie wollte nur wissen, ob ich noch mehr Geld hatte.

Ich hielt meinen Beutel fest und schluckte schwer, als die Wilde sagte, ich soll ihr mein Geld geben, die Wilde sagte das in einem Ton, der mich heiß und kalt zugleich werden liess, ich versuchte stotternd zu erklären, dass ich auch ein wenig Geld bräuchte, wenn wir weiter ziehen würden, müsste ich Essen kaufen können, oder wenn wir hier bleiben würden, Material für Möbel besorgen müsste, die Wilde beschuldigte mich, dass wir in der Stadt gestohlen hätten, aber ich war mir sicher, dass ich zwei Silbertaler unter das Brot legte, ich stammelte dass die anderen vielleicht nichts bezahlten und sagte der Wilden, dass sie mit denen reden sollte, ich dachte, wenn sie mir nicht glauben würde, würde ich sogar mit ihr in die Stadt gehen, um ihr zu zeigen, wo ich die Silberlinge hinlegte.

Sie kam näher und befahl mir, ihr mein Geld zu zeigen, damit ich bei ihr kaufen könne, ich stammelte, dass ich für Essen bezahlen würde, oder für Fisch, Fleisch, Gemüse und Kräuter, sie sagte, dass ich mit meinem Leben bezahlen müsste, wenn ich bei ihr nichts kaufen würde, ich spürrte, wie meine Beine unter mir zusammen sackten und es plötzlich schwarz vor meinen Augen wurde, ich weiss nicht wie lange ich auf dem Boden lag, aber als ich wieder zu mir kam, war ich froh, dass die Wilde mich nicht getötet hatte, als ich mich langsam wieder aufrichtete, aber immer noch nicht stehen konnte, sagte die Wilde plötzlich, dass ich mich auf eins der Kissen setzen sollte, aber es ging nicht, ich war zu schwach, mein Mund war so trocken, dass ich kaum noch schlucken konnte, ich stammelte leise, dass ich einen Schluck Wasser bräuchte, die Wilde schaute mich an und brachte mir wirkliche einen Becher Wasser, als ich den Becher in einem Zug aus trank, fühlte ich mich schon etwas besser, die Wilde sagte noch mal, ich soll mich auf eins der Kissen setzten, ich wusste nicht, ob ich der Wilden Vertrauen konnte, oder nicht, aber ich nahm das Angebot dankend an, immer noch vom Hunger getrieben, hegte ich nun Hoffnung, etwas Essbares zu bekommen.

Ich spürte die Blicke, der Wilden in meinem Nacken, ich glaube, sie musterte mich genau, ich legte mein kleines Messer ab und sagt mit leiser Stimme, dass ich es nur brauche um Kräuter zu sammeln, die Wilde nahm mein Messer in die Hand, schaute es sich genau an und meinte dann, dass es zu klein währe, um für sie eine Bedrohung darzustellen, sie sprach weiter, irgendwie schien sie mir gar nicht mehr so böse, wie ich es anfangs empfand, sie fragte mich, woher ich komme, oder nein, woher wir kommen und ob wir weit hinter den Bergen aus einen der kleinen Dörfer gekommen sind, sie sprach ruhig, aber irgendwie komisch, nicht wie wir, fliessend, aber ich verstand sie sehr gut, sie fragte mich, wie viele Leute wir sind, ich zählte mit meinen Fingern durch und erzählte ihr, dass wir 8 oder 9 Leute sein.

Sie sagte ganz erstaunt, dass wir viele sein, viel sprach die Wilde nicht, sie beobachtete mich aber, sie erzählte mir, dass sie hier alleine lebt und ab und zu Kriegerinnen bei ihr vorbei kommen würden, aber immer nur mit mehreren, da sie sich wohl nicht trauen alleine zu ihr zu kommen und dass sie wilde und verrückte Freunde hätte, eine, die Afra heisst, als ich den Namen Afra hörte, bekam ich am ganzen Körper Gänsehaut, weil ich sie reden hörte und Haare sammelt, dann sprach sie von ihren anderen Freunden, welche Tier und Mensch gleichzeitig sind, von solchen Tieren, oder Menschen habe ich noch nie gehört und wunderte mich schon sehr, was es doch für komische Gestalten gibt, aber nun war mir auch klar, dass diese Spuren, die ich sah, wohl von so einem Menschen-Tier stammten.


Mir wurde ganz mulmig, im Glauben dass man uns beobachtete, von solche Wesen, ich lauschte der Wilden weiter, sie berichtete mir, dass einer dieser Wesen Sma heissen würde und sie ganz alleine wäre, alle anderen ihrer Rasse wären von Menschenhand getötet wurden, sie erzählte weiter, dass sie aussieht wie ein Mensch, aber denken würde, wie ein Wolf, nun war mir klar, wer die Nacht am Mauzen war, als die Wilde weiter erzählte, da es noch so ein Tier geben würde, was Mensch und Tier gleichzeitig ist, die Natur ist manchmal wirklich merkwürdig.

Trotz des Gespräches, wollte mein Hunger nicht weichen, ich holte meine ganzen Kupfermünzen raus und schob die der Wilden hin, mit der Bitte, dass sie mir doch etwas von der gut duftenden Suppe geben könne.

Die Wilde sprach weiter und sagte mir, dass diese Menschen-Tiere nicht böse sind, ausser man wolle denen was böses, ich atmete erleichtert auf, da ich keine bösen Absichten habe, auch sie würde böse werden, wenn ich böse Absichten hätte, plötzlich hörte ich nur einen Windschlag, welcher von einem Messer kam, das Messer welches die Wilde warf, landete genau zwischen meinen Füssen, ich wurde bange und zog blitzschnell meine Füße zurück, gut zielen kann die Wilde wirklich und schnell ist sie, ich sah noch nicht mal das Messer, wie es zu meinen Füßen flog, ich hörte nur das Geräusch.

Die Wilde begann an zu lachen und zog das Messer wieder raus, mir blieb die Spucke weg, die Wilde schien sich darüber zu amüsieren, dass ich ängstlich zusammen zuckte, sie verharmloste es ein wenig, hatte ich das Gefühl, da sie mir plötzlich was von der Suppe anbot, die auf der Feuerstelle stand, plötzlich hörte ich Schritte, ich hielt meinen Atem an und deutete der Wilden an, dass wohl jemand hier rumschleicht, die Schritte entfernten sich und die Wilde brachte mir eine Schale Suppe, die Wilde ermahnte mich, dass ich langsam essen sollte und dann erklärte sie mir, wer das gerade war, sie sagte mir, dass es die Anführerin der Kriegerinnen war, sie würde Cindy heissen.

Als ich meine Suppe weiter löffelte, spürte ich was hartes auf den Boden, was hartes und klimperndes, ich löffelte das Harte raus, während dessen mir die Wilde erklärte, warum sie so gut kochen könnte, sie sagte mir, dass sie alles in einen Topf schmeissen würde und an Kräuter riecht, die zusammen passen könnten, ich holte den Löffel aus der Suppe und lutschte das Harte ab, ich biss drauf und schaute mir das genauer an, was in meiner Suppe schwamm, es war ein Goldtaler, wirklich ein Goldtaler, ich begann an zu kichern und hielt der Wilden den Goldtaler hin, mit den Worten, dass ein Goldtaler wohl schwer im Magen liegen würde.

Die Wilde schaute mich an und meinte doch glatt, dass ich den Goldtaler gefunden hätte und behalten könnte, das was man findet, könnte man behalten.
Mir war ganz komisch und dachte, dass ich der Wilden das Gold zurückgeben müsse, sie meinte nur, dass sie noch viel mehr davon hätte und in einer Quelle, ganz nah an ihrem Haus, eine kleine Quelle hat, wo man kleine Goldstücke die wie Steine aussehen finden könne.

Wir unterhielten und noch eine lange Weile auch sagte sie mir ihren Namen, sie stellte sich als Loreena vor und ich durfte mir wirklich auch noch eine Schale mit Suppe hinnehmen, so gut und viel gegessen hatte ich schon lange nicht mehr, Loreena scheint sehr nett zu sein und bot mir sogar an, dass ich bei ihr in dem Wagen schlafen könnte, es war ja auch schon spät und es wurde dunkel, Loreena sagte mir, dass man hier aufpassen sollte, weil hier viele wilde Tier rumlaufen würden.

Ich erzählte ihr ein wenig über unser altes Dorf und sie erzählte mir, von den Amazonen, diese Amazonen scheinen schon ein merkwürdiges Volk zu sein, wie die Wilde sich anhörte, legt sie auch kein Wert auf Männerbekanntschaften, sie berichtete mir, warum der Totenkopf da hin, Loreena muss sehr stark sein, sie tötete den Mann, mit ihren bloßen Händen.
Ich sagte ihr, dass Gewalt keine Lösung sei und dass man Gleiches nicht mit Gleichem vergelten sollte, die Menschen, die böses im Schilde führen, früher oder später ihre gerechte Strafe schon bekommen würden.

Es wurde immer dunkler und Loreena sagte mir, dass sie auf mich aufpassen würde diese Nacht, sobald es heller werden würde, ich wieder zu den anderen gehen könne, so lange dürfte ich in ihren Wagen schlafen, ich verabschiedete mich von der Loreena und ging in den Wagen, deckte mich mit einem der Felle zu und schlief selig und ruhig ein.

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